Wege zum Heil. Pilger und heilige Orte an Mosel und Rhein. Mainz: Thomas Frank; Historisches Seminar, Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Geschichte und Vergleichende Landesgeschichte der Johannes Gutenberg-Universität Mainz; Deutsches Historisches Institut in Rom, 20.07.2007-21.07.2007.
Reviewed by Anna Sauerbrey
Published on H-Soz-u-Kult (September, 2007)
Wege zum Heil. Pilger und heilige Orte an Mosel und Rhein
Ziel der Tagung war es, im interdisziplinären Austausch zwischen Historikern, Kunsthistorikern, Archäologen, Kulturanthropologen und Theologen die Erforschung materieller Aspekte des Pilgerns mit der Untersuchung der Vorstellungswelt der Pilger und ihrer Beobachter zu verbinden. Dabei sollte Klarheit gewonnen werden über Funktion und Wirkungsweise der symbolischen Repräsentation der Pilger selbst, aber auch der Heiligtümer, die sie besuchten und der Räume, die den Pilgern als Instrument christlicher Buße dienten.
Im geographischen Zentrum der Beschäftigung stand dabei der Rhein-Mosel-Raum (sowohl als Ausgangs- als auch Zielpunkt von Pilgerreisen) sowie der Vergleich mit Italien.
Die Leitung der Tagung oblag Thomas Frank (Mainz), der in seiner Einführung bereits die Leitfragen der beiden folgenden Tage umriss. Die Pluralität der Forschungsansätze bedeute, so Thomas Frank, Fluch und Segen zugleich. Die unterschiedlichen Fachrichtungen haben mit ihren Untersuchungen dem Phänomen Wallfahrt viele neue Aspekte abgewonnen. Germanisten, Theologen, Historiker, Kunsthistoriker und Archäologen haben jeweils ihre eigene Dimension des Themas entdeckt. Die dabei entwickelten unterschiedlichen Ansätze bergen dabei die Gefahr, den Dialog zwischen den einzelnen Forschungen zu erschweren. So war die Mainzer Tagung dazu gedacht, eine kurze „Rast“ einzulegen, wie Thomas Frank es formulierte, und am Beispiel von Fern- und Nahwallfahrten interdisziplinär zu diskutieren und den Forschungsstand der verschiedenen Ansätze abzugleichen.
Zur Integration der verschiedenen Ansätze schlug Thomas Frank den Begriff der Repräsentation vor. Er definierte Repräsentation als ein „kulturelles Basisverfahren, durch das Bedeutung hergestellt wird.“ Die Repräsentation, durch welches Medium auch immer, sei es, die Wirklichkeit und Vorstellungswelt der Pilger in Beziehung setze. Thomas Frank benannte vier Ebenen, auf der die historische Figur des Pilgers mit dem Begriff der Repräsentation verknüpft werden kann: 1) Die Figur des Pilgers, also seinem Aussehen und seinem Verhalten; 2) Die soziale Dynamik der Wallfahrt, also die Repräsentation der Pilger als Gruppe; 3) Die Repräsentation des Raumes als Medium der Buße, z.B. in Itineraren und 4) die Dimension der Transzendenz, der Imagination, Erfahrung und Beschreibung von Wundern. In der Welt des mittelalterlichen Pilgers überschneiden sich reale, mediale, imaginäre und religiöse Dimensionen. Diese komplexe Überlagerung von Vorstellungen und Fakten mache, so Thomas Frank, das Thema Pilger und Wallfahrt zu einem lohnenswerten Forschungsobjekt.
Bernhard Schneider (Trier) untersuchte in seinem Beitrag die Wallfahrten im frühneuzeitlichen Trier. Zunächst stellte Schneider die Frage nach Normierungsversuchen im Zuge der nachtridentinischen Reformen. Dabei ist im Bereich des Trierer Bistums zwar eine frühe Öffnung gegenüber der Tridentinischen Reform zu beobachten, Normierungsversuche seitens der kirchlichen Obrigkeit setzten aber erst vergleichsweise spät ein. Es lassen sich dabei verschiedene Stufen beobachten: Neben den direkten Forderungen des Trienter Konzils kam es in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu Reglementierungen des Wallfahrtswesens in den Synodalstatuten. Diese Forderungen, beispielsweise nach Beteiligung der Pfarrer an den Wallfahrten ebenso wie nach Geschlechtertrennung und das Verbot von Gelagen jeglicher Art, wiederholten sich dann bis ins 18. Jahrhundert hinein. Auffallend ist dabei, dass es keine Hinweise auf die Durchsetzung dieser Versuche gibt, denn das Thema Wallfahrt taucht in den Trierer Visitationsakten nicht auf. Im Zuge der Katholischen Aufklärung ist dann eine Verschärfung der Forderungen zu beobachten. Die Wallfahrt wurde weiter theologisch entwertet und letztlich durch den Vorwurf des Müßiggangs sogar kriminalisiert. Nach dieser strukturellen Analyse folgte in einem zweiten Teil die Frage nach dem Profil der Wallfahrtslandschaft Trier. Schneider zeigte nicht nur die fast vollständige Erschließung des gesamten Raumes durch Wallfahrtsstätten, sondern demonstrierte anhand von Grafiken Alter und Ausgestaltung von Kultstätten. Die verschiedenen Formen von Wallfahrt erläuterte er anhand verschiedener Fallbeispiele.
Bildpublizistik und Katholische Reform, unter diesem Obertitel untersuchte Wolfgang Schmid (Trier) die Trierer Heilig Rock Wallfahrt von 1655 als Medienereignis. Schmid postulierte, dass es ein bestimmtes Image gab, welches am Wallfahrtsort vermittelt werden sollte, gleichzeitig aber auch von den Pilgern erwartet wurde. Mit seiner Erhebung 1512 wurde der Heilige Rock zur bedeutendsten Reliquie im Trierer Domschatz. Wie seine Inszenierung sich des Mediums des gedruckten Bildes bediente, zeigt eindrucksvoll die Weisung von 1655. Die Wallfahrt wurde in Zusammenarbeit von Erzbischof und Stadt vorbereitet und umfassend geplant. Verschiedene erhaltene Drucke, die die Pilger am Wallfahrtsort kaufen konnten, belegen die Medialisierung des Kultes. Neben großen Kupferstichen mit Abbildungen der Heiligen Reliquie sowie weiterer Schätze des Trierer Domschatzes gab es auch Blätter, die die gesamte Weisungsszene verdeutlichten. Auffallend sind dabei auch die den Drucken angefügten Texte. Das Nebeneinanderstellen von deutschem und französischem Text zeigt, dass französischsprachige Pilger sicher erwartet wurden. Besondere Beachtung verdient die Frage nach dem Verhältnis von Erzbistum und Stadt Trier. Es ist ein deutliches Beharren auf der Gründungslegende der Stadt erkennbar. Diese Legende verortet die Gründung Triers immerhin vor die der Gründung Roms. Indem die Stadtgeschichte zur Heilsgeschichte wird, griff man 1655 auf das mittelalterliche Modell der civitas sancta zurück.
Thomas Wetzstein (Heidelberg) zeigte am Beispiel des Kultes des Werner von Oberwesel (auch Werner von Bacharach), welchen wechselhaften Konjunkturphasen ein regionaler Heiligenkult ausgesetzt sein konnte und wie sich sein Verbreitungsgebiet wandeln konnte. Der Fund einer Knabenleiche hatte 1287 zunächst Ritualmordvorwürfe und Pogrome hervorgerufen und den lokalen Kult um Werner begründet. Nach der Einschätzung von Thomas Wetzstein war dieser Kult bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts sehr rege. Aus der Frühzeit sind fast 90 Mirakel überliefert. Der Verlust der Baukasse führte zur Unterbrechung des Kapellenbaus in Bacharach und damit auch zum Abflauen der Verehrung. Wetzstein konnte weiter zeigen, wie unter Pfalzgraf Ludwig III. (1410-1436) der Kult eine Renaissance erlebte. Ludwig förderte aktiv den Ausbau der Kultstätte und schuf eine effiziente Verwaltung zur Organisation der Pilgerreisen. Dass in diesem Zuge auch ein Kanonisationsverfahren des bis dahin nicht kirchlich bestätigten Heiligen angestrengt wurde, hält Wetzstein für zweifelhaft.
Ebenso wie Maria Pia Alberzoni beschäftigte sich auch Michel Pauly (Luxemburg) mit der Frage nach Pilgerverkehr und Hospizen. St. Hubert in den Ardennen stand dabei exemplarisch für eine Vielzahl früher Hospitalsgründungen. Die Errichtung eines Hospitals zur Krankenpflege galt nicht nur als religiöse Pflicht für die Abteien. St. Hubert markierte auch eine wichtige Verkehrsverbindung durch die Ardennen. Dies scheint signifikant für die frühen Hospitäler. Sie lagen weniger im städtischen Umfeld – soweit man für die frühen Phasen von Urbanität sprechen kann – sondern entweder bei den großen Abteien oder gänzlich in der Wildnis. Denn gerade in den dünn besiedelten Gebieten boten die Hospitäler Gelegenheit zur Übernachtung und ermöglichten auf diese Weise erst die Durchquerung der Landschaft. Die Abteien mit ihren frühen Hospitälern boten zwar Unterkunft für Reisende, scheinen aber keinen weiteren Einfluss auf die Ansiedlung von Handwerkern etc. gehabt zu haben. Sie leisteten also keinen Beitrag zur Urbanisierung, sondern erschlossen gerade durch ihre siedlungsunabhängige Entstehung den Raum für Pilger und andere Reisende. Auf diese Weise ermöglicht das Vorhandensein von Hospitälern auch Rückschlüsse auf die benutzten Verkehrswege, wie Michel Pauly durch die Kartierung von Hospitälern westlich des Rheins verdeutlichte.
Sowohl Hartmut Kühne (Berlin) als auch Jörg Poettgen (Overath) gaben eine Einführung in die Pilgerzeichenforschung. Dabei gab Hartmut Kühne zunächst einen Überblick über Inhalt und Stand der Forschung. Er konnte deutlich machen, welche Bedeutung Pilgerzeichen bei der Erforschung von regionaler Verbreitung und Ausformung von Heiligenkulten, von mittelalterlicher Mobilität und auch Bildprogrammen haben können. Den Stand und die Zukunft der Pilgerzeichenforschung schätzte er allerdings vorsichtig pessimistisch ein. Neue Funde von Pilgerzeichen, die häufig auch in großen Mengen gefunden werden, etwa an Flussufern oder in Hafenbecken (ein Phänomen, für das bisher keine zufrieden stellende Erklärung existiert), sind in der Regel Zufallsfunde. Für eine systematische archäologische Erschließung stünde kein Geld bereit. Einen Beitrag zur besseren Erschließung der bekannten Pilgerzeichen leistet das Projekt „Wallfahrt und Pilgerzeichen“, das am Lehrstuhl für christliche Archäologie, Denkmalkunde und Kulturgeschichte an der theologischen Fakultät der HU Berlin angesiedelt ist. Hartmut Kühne ist Leiter des Projekts. Im Rahmen der von der DFG finanzierten Arbeiten wurde die Pilgerzeichenkartei Kurt Kösters, die über 5.000 Pilgerzeichen, Glockenabgüsse und ähnliche Devotionalien auf Karteikarten verzeichnet, digital erschlossen und ergänzt. Sie kann online durchsucht werden. Kühne präsentierte darüber hinaus weitere Funktionen der Datenbank, die demnächst online verfügbar sein werden, wie etwa die Möglichkeit, Karten der Verbreitung bestimmter Pilgerzeichen zu generieren.
Anschließend bot Jörg Poettgen anhand verschiedener Beispiele einen Einblick in die konkrete Ausformung und mögliche Systematisierung verschiedener Pilgerzeichen. Er zeigte unter anderem Pilgerzeichen aus Aachen und Köln und erläuterte die unterschiedlichen Bildprogramme. Auffällig ist, dass dabei häufiger die Gestalt des Heiligen, als die Reliquie abgebildet war. Dabei wurde auf Bilder rekurriert, die den Pilgern von den Kultstätten bekannt waren, beispielsweise zeigten Kölner Pilgerzeichen die Heiligen Drei Könige vor Architekturelementen des Kölner Doms.
In seinem Abendvortrag beschäftigte sich Matthias Müller (Mainz) mit der Marburger Elisabethkirche. Dabei versuchte er eine Bewertung der jeweiligen Bedeutung des Elisabethkultes und des Marienpatroziniums im architektonischen und bildnerischen Programm der Kirche. Matthias Müller verknüpfte dabei kunsthistorische mit kirchengeschichtlichen Fragestellungen, indem er die Bedeutung der Kirche als Ort der Repräsentation des Deutschen Ordens untersuchte. Anhand von Achse und Grundriss der Kirche im Vergleich zum kleineren Vorgängerbau, der ersten Grabstätte der Heiligen Elisabeth, konnte Matthias Müller zeigen, dass die Ausrichtung der Elisabethkirche keineswegs unabhängig vom Vorgängerbau erfolgte, wie bisher häufig angenommen wurde. Vielmehr wurden sowohl die Grabstätte als auch andere Elemente des älteren Baus geschickt in die neue architektonische Konstruktion eingefügt. Auch anhand des Bildprogramms der Fenster und des Elisabethschreins konnte Müller eine enge Verzahnung von Marien- und Elisabethkult im Kirchenbau aufzeigen. Die Patronin des Deutschen Ordens, Maria, hat nach Ansicht von Müller also keineswegs den Elisabethkult überlagert. Vielmehr fand seiner Meinung nach eine künstlerische Integration statt.
Pilger auf dem Oberrhein, das war Thema des Beitrags von Peter Rückert (Stuttgart). Dabei stand die Frage im Mittelpunkt, ob es auf dem Rhein einen speziellen Pilgerverkehr gab, der den Raum als Sakralraum prägte. Kann man vielleicht sogar von einer Sakrallandschaft Oberrhein sprechen? Die Kulturlandschaft Oberrhein war im Mittelalter geprägt durch den Verkehr auf dem Fluss. Besonders flussabwärts war das Reisen per Schiff eine schnelle und sichere Option. Zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert entwickelte sich eine besondere Struktur des Pilgerverkehrs auf dem Oberrhein. Besonders die vielen Rompilger nutzten den Rhein als Verkehrsweg, aber auch die Schwarze Madonna von Einsiedeln war ein beliebtes Ziel. Hatte beispielsweise die Reise von Einsiedeln nach Straßburg ca. 5 bis 6 Tage Fußmarsch bedeutet, brauchte man per Schiff nur ungefähr zwei. Ab Straßburg verästelte der Rhein zu stark, als dass man die großen, bis zu 200 Personen fassenden Boote hätte weiter flussabwärts nutzen können. In der Regel wurden sie in Straßburg zerlegt und das Holz weiterverkauft. Die Pilgerschiffahrt auf dem Oberrhein war als eine Art Saisongeschäft zu sehen. Außerhalb der Wallfahrtszeiten wurden potentielle Passagiere mitunter aufdringlich umworben, wie entsprechende Verordnungen belegen. Dieser periodische Pilgerverkehr prägte das sakrale Profil des Stroms.
Maria Pia Alberzoni (Mailand) beschäftigte sich mit einem interessanten und bisher wenig beachteten Aspekt der Pilgerversorgung am Wege, nämlich mit durch Laien gegründeten Hospitälern. Sie untersuchte dabei die Region der Poebene, die im Mittelalter von zwei wichtigen Verkehrs- und Pilgerrouten durchzogen wurde, der Via Regina und der Via Francigena. Anhand von zwei Beispielen, einem Hospital in der Nähe von Barze und einem weiteren bei Gropello zeigte sie, dass im 12. Jahrhundert auch Laien Häuser gründeten, die der Pilgerversorgung dienten. In den ausgewählten Fallbeispielen handelte es sich in einem Fall um eine Gründung eines Mannes, der vermutlich Konverse einer nahe gelegenen Kirche war und offenbar von einer ganzen Gruppe von Laien aus Barze unterstützt wurde. Im anderen Fall waren die Gründer ein Zürcher Ehepaar, das offenbar besonders die Versorgung der nach der Alpenüberquerung erschöpften deutschen Pilger anstrebte. Diese Institutionen kamen allerdings, trotz päpstlicher Privilegien, bald in Konflikt mit den regionalen kirchlichen Amtsträgern und sind wohl schon im 13. Jahrhundert in diesen Konflikten unterlegen. Maria Pia Alberzoni deutete die Stiftungen als typischen Ausdruck der teilhabenden, aktiven Frömmigkeit des 12. Jahrhundert, die von den regionalen kirchlichen Institutionen offenbar als Konkurrenz empfunden und daher nicht gewünscht wurde.
Mario Marrocchi (Sarteano) stellte zunächst kurz ein Datenbankprojekt vor, das versucht, durch eine Erhebung aller Heiligen Orte Italiens die Bedeutung des Pilgerwesens zu bemessen: Den Censimento dei santuari cristiani in Italia dall’antichità ai nostri giorni, ein Projekt der École française de Rome. Mario Marocchi beschäftigte sich im Folgenden mit der Bedeutung der Reichsabtei San Salvatore auf dem Monte Amiata in der Toskana für den Pilgerverkehr und konnte anhand verschiedener Privilegien und Pilgerberichte des 9. bis 12. Jahrhunderts die Bedeutung und Entwicklung dieses Klosters zeigen, das Almosen an Pilger verteilte und ihnen auch als Unterkunft diente. Anschließend verglich er seinen Befund mit den Daten, die die Santuari-Datenbank zum Monte Amiata verzeichnet. Da die Datenbank ausschließlich die Heiligen Orte selbst erfasst, wird hier dem Monte Amiata eine eher unbedeutende Rolle zugewiesen. Mario Marocchi konnte allerdings zeigen, dass dem Berg mit dem klösterlichen Hospital für das Pilgerwesen insgesamt eine durchaus bedeutende Rolle zukam. Im Einzelfall könne es seiner Ansicht nach also nötig sein, zusätzliche Daten über einen Ort zu sammeln, um ein stimmiges Gesamtbild seiner Bedeutung für das Pilgerwesen zu erhalten.
Den Schlussvortrag einer Tagung zu halten ist nicht immer eine besonders dankbare Aufgabe. Doch wusste Gritje Hartmann (Rom) mit ihrem Beitrag über gelehrte Kleriker auf Fernreise noch einmal die volle Aufmerksamkeit ihres Publikums zu erlangen. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts machten sich zwei Kleriker auf die Reise nach Palästina: Wilhelm Tzewers war ein aus Aachen stammender, in Basel wirkender Kleriker, der über seine Reise einen ausführlichen lateinischen Bericht verfasste. Pietro Casola beschrieb seine Reise ins Heilige Land eher in Tagebuchform und wählte seine italienische Muttersprache. Der Vergleich der beiden Quellen zeigt ein lebendiges Bild vom wirklichen Alltag der Pilger, ihren Vorstellungen und ihren Problemen. Verschiedene Gefahren drohten den Pilgern: Neben der Bedrohung durch Überfälle oder unzuverlässige Schiffer waren sie zumeist der Willkür der einheimischen Bevölkerung ausgeliefert. Schikanen und Anschuldigungen wegen Spionageverdachts scheinen an der Tagesordnung gewesen zu sein. Dabei deutet aber der oft sehr polemisch gehaltene Ton der Beschreibungen auf ein weiteres wichtiges Phänomen. Die Quellen zeigen deutlich, dass die Pilger sich ein genaues Bild von ihrem Reiseziel machten. Diese zumeist biblisch geprägten Vorstellungen wurden aus der Heimat mitgebracht und konnten zum Teil bestätigt, aber durchaus auch enttäuscht werden. So war Wilhelm Tzewers deutlich erstaunt über die Dürre, er hatte sich das gelobte Land als fruchtbare Landschaft vorgestellt. Bislang stellt allerdings die umfassende Untersuchung dieser Abhängigkeiten von Vorstellungen in den Selbstzeugnissen der Pilger noch ein Forschungsdesiderat dar.
Die Diskussion zwischen den Vertretern der einzelnen Fächer wurde als sehr fruchtbar empfunden. Begriffsgeplänkel wie die Frage um die korrekte Definition und Unterscheidung zwischen „Wallfahrt“ und „Pilgerfahrt“ spielten in Mainz keine Rolle mehr. Insgesamt konnten die verschiedenen Vorträge und Diskussionen belegen, dass die von Thomas Frank eingangs postulierte Überlagerung von realen, medialen, imaginären und religiösen Dimensionen des Pilgerns das Thema weiterhin zu einem fruchtbaren und spannenden Forschungsfeld macht. Gerade die durch die Tagung deutlich gewordene Wechselwirkung zwischen politischer Steuerung und Normierung, künstlerischer Repräsentation, individuellem und kollektivem Selbstverständnis und religiösen Vorstellungen und Handlungen mache aber auch das interdisziplinäre Arbeiten in diesem Forschungsfeld absolut notwendig, so die einhellige Meinung der Tagungsteilnehmer.
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Citation:
Anna Sauerbrey. Review of , Wege zum Heil. Pilger und heilige Orte an Mosel und Rhein.
H-Soz-u-Kult, H-Net Reviews.
September, 2007.
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